Fokus 1 Multiple Transformationen und gesellschaftliche Kohäsion
Schwerpunkt 1 vereint Perspektiven aus Politikwissenschaft, Wirtschaftsgeographie, Soziologie, Ökonomie und Religionswissenschaft. Ziel dabei ist es, die Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Transformationen, integrativer und innovativer sozioökonomischer Entwicklung und sozialem Zusammenhalt in Iberoamerika zu untersuchen.
In den letzten Jahrzehnten hat die Region umfassende Veränderungen in allen Bereichen der gesellschaftlichen Organisation erfahren. Diese Veränderungen haben sich in den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts durch die Globalisierung und neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, die den sozialen Zusammenhalt auf eine harte Probe stellen, stark beschleunigt.
Im politischen Bereich hat sich die Demokratie seit Mitte der 70er Jahre bis auf wenige Ausnahmen als wichtigste Herrschaftsform durchgesetzt. Ihre Konsolidierung ist jedoch nur teilweise gelungen und war insbesondere in Lateinamerika von autoritären Rückfällen geprägt. Die Wirtschaftssysteme Ibero-Amerikas wurden von der „neoliberalen Wende“ und der zunehmenden Globalisierung der Weltwirtschaft beeinflusst. Dies hat nicht nur zu bedeutenden Veränderungen der wirtschaftlichen Strukturen, sondern ebenfalls zu sozialen Konflikten geführt und zu politischen Brüchen beigetragen, die zum Wiederaufleben populistischer Strömungen geführt haben.
Gleichzeitig wurden diese systemischen Veränderungen in den sozialen Systemen Ibero-Amerikas mit tief verwurzelten traditionellen sozialen Strukturen konfrontiert. Das Fortbestehen solcher Strukturen drückt sich in unveränderter sozialer Ungleichheit und dem Vorhandensein informeller Grundregeln aus. Die kulturellen Systeme wiederum erfuhren eine „ungleichmäßige“ Modernisierung, die zwischen dem Traditionalismus verschiedener Prägungen und dem Postmaterialismus oszilliert. Gleichzeitig stellen diese Entwicklungen gesellschaftliche Differenzierungs-, Pluralisierungs- und Fragmentierungsprozesse dar, die in der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Sphäre zusammenwirken.
Im Mittelpunkt unserer Forschung steht die Frage, inwieweit demokratische Institutionen stabil funktionieren bzw. inwieweit sie als „only game in town“ anerkannt werden. Die Frage nach der gesellschaftlichen Stabilität umfasst nicht nur "bottom-up"-Herausforderungen an Institutionen, sondern auch Herausforderungen durch parallele Kräfte, die wiederum ein Indikator für mangelnden sozialen Zusammenhalt sind. Eng verbunden mit diesen Herausforderungen sind die Dynamiken der öffentlichen Kommunikation, ein Forschungsbereich, in dem wir uns auf digitale Kommunikation, politische Eliten und Wählereinstellungen konzentrieren und in dem wir unser Forschungsinteresse auf politische Partizipation und Meinungsbildung im Internet beziehen.
Ein weiterer Aspekt, auf den sich unsere Forschung konzentriert, ist die Fähigkeit und Kompetenz bestimmter Akteure, politische und wirtschaftliche Modelle in funktionierende wirtschaftliche und soziale Programme umzusetzen. Inklusive Institutionen für wirtschaftliche Entwicklung und räumliche sozioökonomische Disparitäten sind von besonderem Interesse, ebenso wie die Entwicklung von Netzwerken und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen auf Wissen und Innovation.
In diesem Zusammenhang interessieren wir uns ebenfalls für sozioökonomische Übergänge und sozio-ökologische Ungleichheiten sowie die damit verbundenen Kommunikationsdynamiken. Darüber hinaus gehen wir der Frage nach, inwieweit Pfadabhängigkeiten und regionale Entwicklungsverläufe des sozialen Zusammenhalts durch individuelle und/oder kollektive Akteure gestärkt oder gestört werden können. Zentrale Aspekte sind hierbei die Trägheit der Arrangements der wirtschaftlichen und politischen Eliten sowie die Produktion, Reproduktion und Transformation von Mustern sozialer Ungleichheit und regionaler Disparitäten als Folge eines von Ungleichheit geprägten Unternehmensregime. Wir befassen uns außerdem mit der sozialen Mobilisierung gegen Ungerechtigkeiten in Ernährungssystemen sowie mit sozialen und politischen Innovationen, die auf Ungleichheiten eingehen, welche die Ernährungssicherheit untergraben.
In Bezug auf die Fragen, die sich auf die kulturellen Systeme beziehen, werden wir die Rolle der Kirche(n) und der religiösen Gruppen in der politischen Entwicklung und im sozialen Zusammenhalt analysieren, wobei wir uns auf Lateinamerika konzentrieren, da es sich hierbei um eine der angesehensten sozialen/politischen Institutionen handelt, die sensible Fragen im Zusammenhang mit der Moral sowie Fragen der Sozial- und Wirtschaftsethik beeinflusst.
Erste Forschungslinien
Tabelle
Politische Transformation in Ibero-Amerika
|
Wirtschaftliche Transformation in Ibero-Amerika
|
Gesellschaftliche Transformation in Ibero-Amerika
|
Transformation von Religionen und Weltanschauungen in Ibero-Amerika
|